Eisenbahngeschichte in Wertheim und der Wertheimer Eisenbahnclub e.V.
Wertheim blickt auf eine über 150-jährige Eisenbahngeschichte zurück, die eng mit der Entwicklung der Region verbunden ist. Im Jahr 1868/69 wurde zunächst die Taubertalbahn von Lauda nach Wertheim eröffnet – damals noch als Kopfbahnhof am Zusammenfluss von Main und Tauber.
Nach ersten Bodenuntersuchungen im Jahr 1858 und dem Gesetzerlass vom 11. August 1863 begannen 1864 die Vermessungsarbeiten für die Taubertalbahn, der Baubeginn folgte im Oktober 1866. Am 10. Oktober 1867 wurde zunächst das Teilstück Lauda–Hochhausen eröffnet, ehe am 15. Oktober 1868 die Bahn Wertheim erreichte und die Stadt erstmals an das überregionale Schienennetz anschloss. Erbaut und betrieben wurde die Linie von der Königlich Württembergischen Staatsbahn, die damit den Anschluss des Taubertals an das wachsende Eisenbahnnetz sicherstellte. Der Wertheimer Bahnhof lag dabei strategisch günstig, war jedoch zunächst Endstation. Am 1. November 1869 folgte die Freigabe der Strecke auch für den Güterverkehr.
Die nächstgelegene direkte Anbindung an das Netz der Großherzoglich Badischen Staatseisenbahnen bestand im Südwesten bei Osterburken/Lauda, wo die württembergischen und badischen Strecken zusammentrafen.Die Neckar-Odenwald-Bahn verbindet seit 1866 Osterburken an der badischen Odenwaldbahn mit Mosbach-Neckarelz an der Neckartalbahn und stellte damit eine wichtige Ost-West-Querverbindung im Badischen Netz her. Sie wurde von den Großherzoglich Badischen Staatseisenbahnen erbaut und diente sowohl dem Kohle- und Erztransport aus dem Odenwald als auch dem regionalen Personenverkehr, wodurch sie bis heute eine zentrale Rolle im Verkehrsraum Heilbronn–Mosbach–Würzburg spielt.
Wertheim erhielt 1881 mit der 37,1 Kilometer langen Strecke nach Lohr am Main eine weitere Anbindung. Der Betrieb wurde am 1. Oktober 1881 durch die Königlich Bayerischen Staatseisenbahnen aufgenommen; 1,6 Kilometer der Trasse lagen dabei auf badischem Gebiet. Bereits 1885 bezeichnete die bayerische Eisenbahnverwaltung die Verbindung jedoch als eine der am schwächsten frequentierten ihres Netzes – ein Befund, der sich in den folgenden Jahrzehnten kaum änderte.
Die Strecke nach Wertheim zweigt nördlich des Bahnhofs Miltenberg von der Strecke aus Aschaffenburg ab, wofür eine Eisenbahnbrücke über den Main gebaut werden musste. Der erste Abschnitt bis Stadtprozelten wurde am 21. Mai 1906 in Betrieb genommen, die gesamte Strecke nach Wertheim am 1. Oktober 1912 eröffnet. Das letzte Teilstück von 3,85 Kilometern Länge befand sich im Eigentum der Großherzoglich Badischen Staatseisenbahnen, sodass sich in Wertheim die Netze von Württemberg, Bayern und Baden trafen.Mit der Eröffnung dieser Verbindung wandelte sich Wertheim vom Kopfbahnhof zu einem Dreiländerknotenpunkt und Durchgangsbahnhof.
Seit dem 1. Januar 2006 gehört die Taubertalbahn (Lauda–Wertheim) zum Netz der Westfrankenbahn, die sowohl Betrieb als auch Infrastruktur betreibt. Auch der Personenverkehr auf der Strecke Miltenberg West → Wertheim (Teil der Verbindung Aschaffenburg–Wertheim) wird heute von der Westfrankenbahn durchgeführt – im regionalen Sprachgebrauch oft als „Maintalbahn“ bezeichnet.
In den letzten Jahrzehnten erlebte der Bahnhof Wertheim tiefgreifende Veränderungen. Bereits 1988 wurde der örtliche Güterbahnhof geschlossen und die Stückgutabfertigung auf andere Stationen, vor allem nach Lauda, verlagert. Mit der Einführung moderner Stellwerkstechnik erfolgte zwischen 2010 und 2012 der Anschluss an das neue elektronische Stellwerk (ESTW) in Miltenberg. Das traditionelle Stellwerk in Wertheim wurde 2011 stillgelegt und anschließend abgebrochen, seither wird der Bahnhof ferngesteuert aus Miltenberg bedient. Im Zuge dieser Umstellungen erneuerte man auch die Bahnsteige und modernisierte die Signaltechnik, wodurch der Bahnhof heute barrierefrei und mit zeitgemäßer Infrastruktur ausgestattet ist.
Die Bahnstrecken prägten das Stadtbild und das Wirtschaftsleben von Wertheim nachhaltig: Sie ermöglichten den Transport von Glaswaren, Holz und landwirtschaftlichen Erzeugnissen aus der Region und förderten den Tourismus ins idyllische Taubertal. Für viele Eisenbahnfreunde sind besonders die landschaftlich reizvollen Abschnitte entlang von Main und Tauber bis heute ein Highlight, das Erinnerungen an die „gute alte Zeit“ weckt.
Aus dieser Begeisterung für die Eisenbahn und den Wunsch, die Faszination lebendig zu halten, entstand 1986 der Wertheimer Eisenbahnclub e.V.! Der Verein vereint seither Freunde der großen Bahn mit Modellbahnern, die im Maßstab H0 und N gestalten und gleichzeitig die Geschichte der Eisenbahn bewahren möchten. Über die Jahre entwickelte sich der Club zu einer lebendigen Gemeinschaft, die historische Themen pflegt, regelmäßig Ausstellungen und Fahrten organisiert und ihr Wissen gern mit Interessierten teilt.
Heute verbindet der Wertheimer Eisenbahnclub e.V. Tradition und Moderne – mit einer engagierten Modellbahn-Gruppe, dem innovativen Spieleclub Wertheim und einem offenen Vereinsleben, das Eisenbahnfans, Tabletop-Spieler und Modellbauer gleichermaßen willkommen heißt.
Einen ausführlichen Überblick über die Eisenbahngeschichte unserer Region und die Vereinsentwicklung des Wertheimer Eisenbahnclub e.V. bietet unsere Webseite Historie.